Samen- die Urbevölkerung
des hohen Nordens

Die geläufige Bezeichnung "Lappen" wird von den Ureinwohnern Nordskandinaviens nicht gerne gehört. Selber nennen sie sich Samen und halten die Bezeichnung "Lappen" für ein Schimpfwort. "Sameland" bzw. in ihrer Sprache "Sapmi" nennen sie ihre Heimat.
Rentiergeweihe, Felle, aber auch ausgefallenes Kunsthandwerk, das sie in den langen Wintermonaten nach alter Tradition gefertigt haben, bieten einige Samen im Sommer an der Straße den vorbeifahrenden Touristen an. Die Rentierzüchter halten sich zu dieser Zeit nahe der Küste bei den Sommerweiden auf. Im Herbst werden die Tiere dann wieder ins Landesinnere getrieben, wo um Weihnachten die Temperaturen nicht selten eisige 40 und 50 Grad minus erreichen können. Ihre bunte Tracht mit hohen Mützen tragen die Samen im Sommer vorwiegend für die Touristen. Zum Osterfest aber holt jeder seine "Kofter", ihre bunte Tracht, hervor. Sie wird von der Jugend selbst in der Disco ganz stolz getragen. Besonders farbenfroh sind die Gewänder der Samen aus Kautokeino, wo breite Borten den blauen Stoff zieren. Darüber tragen sie dicke Mäntel aus Rentierfell und an den Füßen die sogenannten Scoller, die Schnabelschuhen ähneln und ebenfalls aus Rentierfell gearbeitet sind. In der Kirche ist am Gründonnerstag kein Stehplatz mehr zu bekommen, wenn Kinder getauft und die Jugend konfirmiert werden. Ostersamstag findet dann die Weltmeisterschaft im Rentierschlittenrennen statt, zu dem auch die Samen aus Schweden und Finnland in ihrer eigenen Tracht anreisen. Abends zieht der "Sami-Grand-Prix", bei dem die besten Lieder in samischer Sprache preisgekrönt werden, die Besucher an. Die Joiks, die "Volkslieder" der Samen, sind sehr speziell und klingen in unseren Ohren eher ungewöhnlich.

Nach vorsichtigen Schätzungen leben heute rund 70.000 Samen in Nordeuropa. 40-45.000 in Norwegen, mit der größten Konzentration in Finnmark, wo ca. 25.000 Samen wohnen. in Schweden leben rund 17.000 Samen, Finnland etwa 5700 und in Rußland (Halbinsel Kola) hält sich eine kleine Minderheit von 2000 Samen. Die wichtigsten Zentren in Norwegen sind die Orte Karasjok und Guovdageaidnu/Kautokeino in denen über 85% der Bevölkerung Samen sind.

Längst haben Computer, Handy und Snowscooter auch im Samenland Einzug gehalten. Nur etwa sieben Prozent der Samen leben heute noch von der traditionellen Rentierzucht, andere gehen ganz »gewöhnlichen« Berufen nach, sind ÄrztInnen, LehrerInnen, VerkäuferInnen oder BusfahrerInnen.

Erste Aufzeichnungen über die Samen stammen vom römischen Geschichtsschreiber Tacitus. Er beschrieb 98 n. Chr. in der »Germania« die Menschen im hohen Norden als ein rohes Volk, das in Familienverbänden (Siida) lebt. Im Laufe der Geschichte wurden sie immer mehr nach Norden gedrängt.

Das 16. und 17. Jahrhundert brachte eine starke Veränderung der samischen Kultur. Die Einführung der Schußwaffen ermöglichte eine individuelle Jagd und der Wildbestand und damit der Pelzhandel gingen zurück. Zudem griff die staatliche Verwaltung auch ins Samenland ein, veränderte die alten Strukturen und begünstigte die Auflösung der Siida. 1751 wurde Lappland zwischen Norwegen und Schweden aufgeteilt, eine Grenzziehung, die bis heute besteht. Die Berg- oder Rensamen, die noch als Nomaden lebten, gingen dazu über, Rentiere in großen Herden zu halten. An der Küste ließen sich die Seesamen (Sjøsamen) nieder, sie wurden Kleinbauern und betrieben Fischfang, was zu massiven Konflikten mit den Norwegern führte. Im Inland lebten die Elve- oder Fjellsamen vom Flußfischfang, vornehmlich Lachs.

Die Bekehrung zur christlichen Religion gelang trotz wiederholter Versuche erst im 19. Jahrhundert.

In Skandinavien sind die Samen nach wie vor eine exotische Minderheit, doch inzwischen bekennen sie sich stolz zu ihren Wurzeln. Zudem wurde 1980 die Rechtslage der Samen grundlegend verbessert, im Oktober 1989 wurde von König Olav V. das Sameting, das Parlament der Samen eröffnet. Es befaßt sich mit allen, für die samische Bevölkerung in Norwegen wichtigen Fragen.

Heute noch sprechen mehr als die Hälfte der Samen untereinander ihre eigene Sprache, was lange Zeit vom Staat verboten war. Für die verschiedenen Zustände von »Schnee« sind etwa 200 Worte bekannt, ebenso differenziert werden die Rentiere bezeichnet. Samisch gehört der finnisch-ugrischen Sprachfamilie an und wird in den unterschiedlichsten Dialekten gesprochen. Am weitesten verbreitet ist Nordsamisch, das auch in Presse, Rundfunk und Fernsehen gebraucht wird. Erst seit 1967 ist es erlaubt in Schulen (in samisch dominierten Gebieten) Samisch zu unterrichten, 1992 wurde ihre Sprache schließlich offiziell anerkannt. Die erste rein samische Zeitung »Min Aigii« wurde 1979 in Karasjok herausgegeben, in Kautokeino kam die »Assu« hinzu. Hier hat ebenso das samische Theater »Beaivvás«, das seit 1980 existiert, seine Bühne. Auch die samische Kunst und das Kunsthandwerk (Duodji) ist immer mehr gefragt.

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